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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 20.03.2007
Aktenzeichen: 7 W 1/07
Rechtsgebiete: GKG, RVG
Vorschriften:
GKG § 45 Abs. 1 S. 2 | |
RVG § 23 |
Oberlandesgericht Karlsruhe 7. Zivilsenat Beschluss
Geschäftsnummer: 7 W 1/07
20. März 2007
In dem Rechtsstreit
wegen Forderung
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Baden-Baden vom 06.12.2006 - 4 O 92/05 KfH - geändert.
Der Streitwert wird auf 25.770,77 EUR festgesetzt.
Gründe:
Nach Beweisaufnahme hat die Beklagte die Klagforderung von 25.770,77 EUR anerkannt und ihre für den Fall der Klageabweisung erhobene Hilfswiderklage auf Zahlung von 44.048,87 EUR zurückgenommen. Das Landgericht hat Anerkenntnisurteil erlassen und den Streitwert auf 69.000,00 EUR festgesetzt.
Die hiergegen erhobene Beschwerde der Beklagten ist begründet. Das Landgericht durfte nicht den Streitwert nach der Addition von Klage und Hilfswiderklage festsetzen.
1. Gem. § 45 Abs. 1 S. 2 GKG ist ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Dies gilt nach fast durchweg herrschender zutreffender Ansicht auch für die Hilfswiderklage, die hier für den Fall erhoben ist, dass die Klage keinen Erfolg hat. Für die Gerichtsgebühren beträgt damit der Wert entsprechend der Klageforderung 25.770,77 EUR. Insoweit ist die Beschwerde der Beklagten ohne weiteres begründet.
2. Dieser Wert ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch für die Gebühren der Anwälte maßgebend. Es wird zwar in der Rechtssprechung (allerdings soweit ersichtlich nur der Arbeitsgerichte: LAG Köln, NZA-RR 2002, 437 = AnwBlatt 2002, 185; LAG Nürnberg, MDR 2005, 120 m.w.N.) die Ansicht vertreten, dies sei nicht gerechtfertigt, weil die Anwälte im Fall von Hilfsanträgen gleichfalls tätig geworden seien, sodass diese Tätigkeit bei der Bemessung der Gebühren (auch soweit sie nicht zur Entstehung einer Gerichtsgebühr geführt habe) mit einer besonderen Streitwertfestsetzung nach (heute) § 33 RVG berücksichtigt werden müsse. Auch in der Literatur wird dieser Standpunkt vertreten (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 17. Auflage VV 3200 Rn. 48; VV 3100 Rn. 129 m.N.; Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage, § 45 GKG Rn. 33).
Dem ist nicht zu folgen. § 45 GKG bestimmt den Gegenstandswert auch für die Tätigkeit des Rechtsanwalts in einem gerichtlichen Verfahren wie hier (§ 23 RVG). Damit ist zugleich gesagt, dass der Wert dieses Gegenstands sich nach dem Hauptantrag richtet, wenn über den Hilfsantrag wie hier eine Entscheidung nicht ergeht, und dass dies unabhängig von der Arbeit und Mühe zu gelten hat, die sich für die Anwälte aus der Beschäftigung mit dem Hilfsantrag ergeben. Allein die Tätigkeit als solche rechtfertigt nicht, einen besonderen Gegenstandswert festzusetzen. Maßgeblich für die gerichtliche Festsetzung des Gegenstandswertes und die Bindung dieses Werts auch für die Anwaltstätigkeit ist vielmehr, ob gerichtliche und anwaltliche Tätigkeit übereinstimmen, ob sich also die Tätigkeit des Anwalts auf den selben Gegenstand bezogen hat wie diejenige des Gerichts (Madert in Gerold/Schmidt § 32 Rn. 4).
Dies ist aber hier der Fall. Dass keine gerichtliche Entscheidung über den Hilfsanspruch ergeht, ist kein Beleg dafür, dass sich das Gericht nicht mit ihm zu beschäftigen hatte. Die Nicht-Entscheidung über Hilfsansprüche kann auf verschiedenen Gründen beruhen, etwa denjenigen, dass der Anspruch je nach Prozesslage als nicht mehr durchsetzbar angesehen wird, obwohl er aus demselben Sachverhalt wie der Hauptanspruch hergeleitet wird. So ist durchaus denkbar, dass der Hilfsantrag nach Beweisaufnahme über ihn zurückgenommen wird, insbesondere etwa dann, wenn die innerprozessuale Bedingung, unter der er zur Entscheidung gestellt war, als eingetreten anzusehen gewesen war. In diesen Fällen hat sich auch das Gericht mit ihm zu befassen gehabt, der Gegenstand gerichtlicher und anwaltlicher Tätigkeit war insofern gleich. Ähnlich ist es, wenn ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht in einen Vergleich einbezogen wird und damit den Streitwert nicht erhöht (§ 45 Abs. 4 GKG).
Da die Festsetzung des Streitwerts nicht von dem jeweiligen aus der Sicht des Gesetzes zufälligen Verlauf eines Prozesses abhängen kann, ist es nicht gerechtfertigt, entgegen dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 45 GKG den Geschäftswert der anwaltlichen Tätigkeit wegen einer möglicherweise im Einzelfall, aber keinesfalls zwingenden Verschiedenheit des Gegenstands anders als den gerichtlichen Streitwert zu bemessen und den Parteien die vom Gesetz gewollte Gebührenprivilegierung zu versagen (wie hier: OLG Hamm, Beschluss vom 02.01.2007 - 19 U 48/06 - OLGR Hamm 2007, 194; OLG Brandenburg, Büro 2006, 595; OLG Köln NJW RR 1995, 827; LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.11.2003 - 3 Ta 153/03; LAG Berlin, Beschluss vom 03.03.2004 - 17 Ta (Kost) 6138/03 = MZA-RR 2004, 374 mit ablehnender Anmerkung Beckmann in jurisPR-ArbR 21/2004 Anm. 6 und m.w.N.).
Ende der Entscheidung
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